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Moderne trifft auf Tradition: Wie digitale Assets in der Fondswelt einen Platz finden können (und sollten!)

Autor: Dr. Sofia Harrschar, Daniel Andemeskel

Erscheinungsdatum:

29. Dezember 2021

  • Digital Assets
  • Alternative Investments
Alternative Investments und Digital Assets
Universal-Investment arbeitet daran, die traditionelle Welt der regulierten Fonds mit der neuen Welt der digitalisierten Assets in Einklang zu bringen.

Kryptowährungen, ICOs, Tokens, Dienstleistungen auf der Blockchain – die Digitalisierung krempelt auch die Welt der Alternative Assets um. Dr. Sofia Harrschar, Head of Alternative Investments & Structuring bei Universal-Investment, und ihr Kollege Daniel Andemeskel, Head of Innovation Management der Universal-Investment-Gruppe und Managing Director von UI Enlyte, erläutern im Interview, was die Umwälzungen für Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften (Service-KVGs) bedeuten. Sie erklären unter anderem, welche Vorteile neue Technologien institutionellen Investoren und Fondsinitiatoren bringen.


Dr. Sofia HarrscharDr. Sofia Harrschar, Head of Alternative Investments & Structuring, Universal Investment, Foto: Alexander Habermehl, Quelle: Universal-Investment
Daniel AndemeskelDaniel Andemeskel, Head of Innovation Management Universal Investment Gruppe, Managing Director UI Enlyte, Foto: Manjit Jari, Quelle: Universal Investment

Die Digitalisierung, insbesondere neue Technologien wie Tokenisierung, Blockchain und künstliche Intelligenz, spielen im Asset Management eine immer größere Rolle. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Entwicklungen?

Harrschar: Wir sehen, dass Digitalisierung sowohl auf der Anlageseite als auch auf der Dienstleistungsseite stattfindet. Es handelt sich daher um eine Querschnittstechnologie, sodass Digitalisierung auf alle Teile der Wertschöpfungskette wirkt. Relativ neu ist, dass digitalisierte Assets als Anlagekategorie in einem breiteren Investorenumfeld an Bedeutung gewinnen. Das hat vielerlei Auswirkungen, etwa auf die Art und Weise, wie Fonds strukturiert werden müssen.

Andemeskel: Wir haben, was tokenisierte Instrumente angeht, in den vergangenen zwei Jahren einen neuen Reifegrad erreicht. Das gilt für die Instrumente auf der Blockchain, angefangen bei tokenisierten Aktien, Schuldverschreibungen, Alternative Investments, Real Estate und Wandelanleihen bis hin zu Kryptowährungen, digitalen Zentralbankwährungen (Central Bank Digital Currencies) sowie Non-Fungible Tokens (NFTs). Sie erinnern sich vielleicht: Im März wurde beim Londoner Auktionshaus Christie’s ein digitales Kunstwerk für fast 70 Millionen Dollar versteigert. Vor einigen Jahren wäre dies noch unvorstellbar gewesen. Der neue Reifegrad spiegelt sich auch in der Regulatorik wider, die versucht, diese Entwicklungen zu begleiten. In Deutschland sind im vergangenen Sommer zu diesem Thema das Fondsstandortgesetz und das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren in Kraft getreten. Digitale Assets sind damit in die regulierte Welt integriert worden.

Was bedeutet es für Service-KVGs, wenn digitale Assets immer mehr in den Fokus institutioneller Anleger geraten und sich die ganze Wertschöpfungskette der Asset Manager verändert?

Harrschar: Universal-Investment als Service-KVG arbeitet daran, die traditionelle Welt der regulierten Fonds mit der neuen Welt der digitalisierten Assets in Einklang zu bringen. Unsere Aufgabe ist es, unseren Kunden einen gleichbleibend guten Service anzubieten – unabhängig von den veränderten Herausforderungen, die digitale Assets an Service-KVGs stellen. Alle Teile der Dienstleistungskette müssen wir dahingehend anpassen, dass sie auch für digitalisierte Assets funktionieren, zum Beispiel die Verarbeitung digitalisierter Assets in allen Buchungssystemen. Die Preisfeststellung ist ebenfalls ein Thema, auch bei den bei uns angebundenen Dienstleistern. Das Risikomanagement muss ebenfalls angepasst werden. Letztlich müssen wir klassische Fondshüllen so strukturieren, dass Anleger auch hier in digitale Assets investieren können – und das ist nur der erste Schritt. Der nächste Schritt wäre die Digitalisierung klassischer Fondshüllen. Auch hier ist Universal-Investment mit Enlyte bereits dabei zu prüfen, wie das umgesetzt werden kann, sobald die Regulierung dies zulässt.

Andemeskel: Das Blockchain-Universum ist eine ganz andere Welt, mit immensem Veränderungspotenzial, vergleichbar mit der Einführung des kommerziell genutzten Internets in den 1990er-Jahren. Neue Gebiete werfen aber auch Fragen auf: Welche Schnittstellen müssen wir herstellen, um digitale Instrumente abzubilden? Wie sieht es mit der Verwahrung aus, wenn Kryptowerte im Rahmen des § 284 KAGB investierbare Vermögensgegenstände sind? Wie funktioniert niert der Handel? Wie das Risikomanagement? Wie die Verbindung zur Verwahrstelle des Fonds? Wie liefert man Daten? Rechtlich wie auch steuerlich sind noch einige Detailfragen weitergehend zu klären. Obwohl es bereits beispielsweise Verlautbarungen seitens der Finanzverwaltung zur steuerlichen Behandlung von Krypto-Assets im Bereich der Direktanlage gibt, muss die Behandlung von Fondsinvestments noch weiter definiert werden. Für uns ist es daher besonders wichtig, eng mit Geschäftspartnern und regulatorischen
Behörden zusammenzuarbeiten.

Welche Vorteile bieten Digitalisierung und neue Technologien wie Tokenisierung und Blockchain für institutionelle Investoren und Fondsinitiatoren?

Andemeskel: Bei der Abwicklung eines Fondskaufs steigen Effizienz und Geschwindigkeit von Transaktionen enorm. Auch der Prozess zur Identifizierung und Überprüfung von Neukunden (KYC) wird durch eine Blockchain-Lösung beschleunigt und sicherer gemacht. Es entstehen zusätzliche Vertriebswege. Institutionellen Investoren stehen über digitalisierte Assets neue Diversifikationsmöglichkeiten zur Verfügung, auch in Assets, in die aktuell noch gar nicht investiert werden kann. Privatanleger können über STOs auf Assets setzen, die bislang institutionellen Investoren vorbehalten waren. Sie können beispielsweise in nicht fungible Assets wie Private Equity, Real Estate und Rohstoffe einsteigen. Vorteilhaft ist auch, dass Blockchain-Transaktionen nicht mehr veränderbar sind. Das schafft Sicherheit.

Harrschar: Darüber hinaus verändert sich die Rolle von Intermediären, Investoren rücken näher an die Assets heran.

In Deutschland ist im Juni 2021 das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren in Kraft getreten, in der Branche gilt das als erster Schritt hin zu digitalen Fonds. Hat Deutschland hier eine Vorreiterrolle? Und was müsste von regulatorischer Seite noch passieren?

Andemeskel: In der Tat hat Deutschland mit dem Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren und der Zulassung tokenisierter Fondsanteile Gas gegeben. Auf Regulierungsseite wurde in den vergangenen zwei Jahren nicht nur guter Wille gezeigt, es ist auch viel passiert. Deutschland steht im internationalen Vergleich gut da, die Weichen sind richtig gestellt. Jetzt müssen die bestehenden Gesetze in enger Zusammenarbeit mit dem Regulator implementiert werden, da noch nicht alle Fragen beantwortet sind.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft, auf die Welt in zehn bis zwanzig Jahren. Wie geht es weiter mit neuen Technologien im Asset Management?

Harrschar: Die Finanzindustrie und vor allem die Fondsindustrie wird sich durch die fortgesetzte Digitalisierung stark verändern. Ich rechne mit einer Entwicklung in zwei Richtungen: Zum einen dürfte es einen dezentralen, direkten Zugang zu vielen standardisierten Anlagemöglichkeiten geben, zum anderen eine viel stärker individualisierte und auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Form der Kapitalanlage. Die Mischung, die heute noch dominiert, dürfte eher verschwinden.

Andemeskel: In zehn bis zwanzig Jahren wird die Finanzwelt viel vernetzter sein. Das betrifft alle Bereiche, von der Geldanlage bis zur Kreditvergabe. Es wird auch viel leichter sein, nachhaltig und ESG-konform zu investieren. Anleger könnten in Zukunft zum Beispiel über die Blockchain direkt in den Anbau und die Produktion von Tee in Indien investieren, wenn Teebauern ihre Produkte ebenfalls über die Blockchain anbieten. Die Transparenz wird enorm steigen. Außerdem wird Investieren in Zukunft viel einfacher sein, so leicht wie heute Online-Shopping bereits ist. Neue Marktteilnehmer werden dazukommen. Besonders die Corona-Pandemie hat uns gezeigt: Wenn Unternehmen digital werden müssen, dann können sie sich auch digital aufstellen. Die Akteure der Finanzindustrie müssen diese digitale Zukunft mitgestalten.

Was bedeutet das für Sie als offene Infrastrukturplattform der Finanzindustrie?

Andemeskel: Wir müssen viel in die Qualität und in die digitalisierte Form unserer Dienstleistungen investieren. Uns kommt zugute, dass wir uns früh mit all diesen Themen beschäftigt sowie Know-how und technische Infrastruktur in unserer Tochtergesellschaft UI Enlyte gebündelt haben. UI Enlyte ist eine unabhängige White-Label-Plattform für unsere Kunden, damit diese – ohne selbst große Investitionen in die Blockchain-Technologie tätigen zu müssen – an dem Ökosystem digitaler Assets partizipieren können. Mit UI Enlyte bedienen wir verschiedene Kundensegmente und -profile, auch Alternative-Investments- Manager gehören dazu. Neuerdings bieten wir unsere Technologie auch Verwahrstellen an, die im Bereich Kryptoverwahrung aktiv werden wollen. Zudem ermöglichen wir es durch unsere technische Lösung, dass reguläre Spezialfonds bis zu 20 Prozent in Krypto-Assets investieren können, gemäß den regulatorischen Standards von heute.

Regulierung auf deutscher und europäischer Ebene

Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG): Das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vom 3. Juni 2021 sieht als Kernstück die Öffnung des deutschen Rechts für elektronische Wertpapiere vor. Die bisher geltende zwingende urkundliche Verkörperung von Wertpapieren wurde damit aufgegeben.

Fondsstandortgesetz (FoStoG): Das am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Gesetz erteilt inländischen Spezialfonds die Erlaubnis, bis zu 20 Prozent der von ihnen verwalteten Mittel in Krypto-Assets anzulegen.

Markets in Crypto-Assets (MiCA): Regulierung jeder digitalen Darstellung von Werten oder Rechten auf EU-Ebene mithilfe der Distributed-Ledger-Technologie. Initiiert 2018, Umsetzung bis 2024.

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Dieser Artikel ist bereits im BAI-Newsletter VI/2021 erschienen.
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